Die Geschichte des Fiat X1/9 Abarth Prototipo
1973 suchte Fiat einen Nachfolger für seinen im Rallyesport erfolgreichen
124 Spider Abarth. Die Wahl fiel auf den vor kurzem vorgestellten
X1/9. Seine Vorteile, insbesondere der Mittelmotor, machte ihn zu
einem ausgezeichneten Sportgerät. So wurden bei Abarth
6 Prototypen gebaut, welche bei sechs nationalen Rallyes in Italien,
bei neun in Frankreich und zu Testzwecken eingesetzt wurden. Die
Presse und die Fahrer waren von dem Auto hellauf begeistert. Der
Motor hatte einen von Abarth entwickelten und 100 Mal gebauten
16-V-Zylinderkopf, welcher auf einem 1600er-Block montiert wurde,
der auf 1756 cm³ (Typ Abarth 232) bzw. 1840 cm³ (Typ Abarth 232 G)
aufgebohrt wurde. Mit 2 Weber 44 IDF (1756 cm³) bzw. 48 IDF (1840
cm³) Vergasern ausgerüstet entwickelte der Motor um die 210 PS (je
nach Abstimmung), mit denen man schneller als mit dem 124 Spider und
dessen Nachfolger, dem 131 Abarth war! Ein ehemaliger Fahrer
meinte mir gegenüber sogar, dass der X1/9 Abarth besser zu fahren
war als sein direkter Konkurrent, der Lancia Stratos...
Die Karosserie wurde einigen Modifikationen unterzogen. So trennte man
die Zwischenwand zwischen Motor- und Kofferraum heraus und setzte stattdessen
ein verstärkendes Kreuz aus Rohren ein. Ebenfalls zur Versteifung wurde
im Innenraum ein Überrollbügel eingeschweißt, der jedoch nur aus zwei
Rohren bestand, welche in der Mitte des Fahrzeugs an den Targabügel
geschweißt wurden. Im vorderen Kofferraum wurden nahezu alle Verkleidungsbleche
(inklusive ein Großteil des Bodenbleches) entfernt, hier fand der 80-Liter-Tank
seinen Platz. Die Hauben und Türen fertigte man aus Kunststoff, das
Dach aus Aluminium nietete man an einen aufgeschweißten Hilfsrahmen. Mit diesen Erleichterungen kam man auf ein Gewicht von
nur 750 kg. Von Außen war wohl das auffälligste an diesem Fahrzeug der "Schnorchel",
über welchen Frischluft oberhalb des Daches angesaugt und direkt zu den
Vergasern geleitet wurde. Vollendet wurde das optische Erscheinungsbild
mit Kotflügelverbreiterungen und einer vorderen Spoilereinheit aus
Kunststoff bzw. Aluminium (die
auch die Nebelscheinwerfer beinhaltete), welche an die Karosserie aufgenietet
wurden.
Nachdem Konzernschwester Lancia den Stratos in den Rallyesport
brachte, brach ein Konkurrenzkampf zwischen den Rallye-Abteilungen
von Fiat und Lancia aus. Nachdem man die beiden Rallye-Abteilungen 1975 zusammenlegte, war man der Meinung, der X1/9
wäre ein zu ähnliches Fahrzeug, man könnte mit einem
Limousinenmodell die Verkaufszahlen wesentlich besser steigern. Deshalb beschloss die Konzernleitung, das Projekt X1/9
Abarth in letzter Minute zu begraben und stattdessen den 131 Abarth im Rallyesport einzusetzen, u.a. auch um die lauen Absatzzahlen diesen Typs in den USA
anzukurbeln.
Dieser hielt lange Zeit die Fahne der Fiat-Mannen im Rallyesport hoch,
unter anderem holte mit diesem Fahrzeug Walter Röhrl die Weltmeisterschaft.
131 Abarth Rallye
Gebaut wurden 6 Exemplare des Prototipo, eines ist der eigentlich Prototyp, 3 Rennfahrzeuge, ein Stradale
und wahrscheinlich eine Reservekarosserie. Die Fahrgestellnummern gehen von 23001 bis 23005,
wobei das zuerst gebaute Auto hier nicht hinein fällt, dieses trägt
die Fahrgestellnummer 133.
Jedes Auto ist in Handarbeit gefertigt worden und hat seine ganz eigenen
Merkmale, welche eine Zuordnung eines jeden Fahrzeugs möglich machen.
Al Cosentino,
Abarth-Spezialist und Herausgeber zahlreicher Fachbücher über Abarth,
besitzt nach seinen eigenen Angaben eine Stradala-Version (welche
er momentan verkaufen möchte) und besaß zwei originalen Werkswagen (siehe
Bilder). Einer davon mit dem
ehemaligen Kennzeichen TOH02940 und der Fahrgestellnummer 133 wurde
1977 in Daytona eingesetzt. Dieses Fahrzeug zeichnet sich
dadurch aus, dass die Lüftungsschlitze im Frontblech fehlen, ebenso
die Lufteinlässe in der vorderen Haube. Weiterhin hat dieses Auto
fünf vordere Haubenverschlüsse, die anderen hatten nur drei. Der
"Prototyp des Prototyps" stammt von der Presse-Vorstellung des X1/9
im November 1972 aus Sizilien und wurde ab Herbst 1973 für den Rallye-Einsatz modifiziert.
Cosentinos drittes Fahrzeug ist TOL65335 sein und hat die
Fahrgestellnummer 23002. Cosentino hat die beiden Rennfahrzeuge
einem enthusiastischen Abarth-Sammler nach Japan verkauft. Dieses
Auto wird derzeit in Italien restauriert, TO H02940 befindet sich
ebenfalls noch in Japan und ging inzwischen an einen anderen
Besitzer.
Ein weiteres Fahrzeug gehört heute Gino Macaluso, ehemaliger Werksfahrer
und Mitarbeiter bei Fiat, heute Mitglied des "Club Italia" und Vorsitzender
des CSAI. Dieses
Fahrzeug ist 2002 auf der "Auto Moto Retro" in Turin und im Rahmen einer
Abarth-Sonderaustellung im italienischen
Automobilmuseum
"Bonfanti" gezeigt worden (wie der oben abgebildete 131 Rallye Abarth).
Es trägt heute das Kennzeichen VC 420157. Es ist das Fahrzeug mit dem ehemaligen
Kennzeichen TOL 65336 und hat die Fahrgestellnummer
23003. Laut Al Cosentino und Bernard Darniche ist dieses
Auto ein "Muletto"; das ist ein Ersatzwagen, der vor allem bei Tests
herangezogen wird. Vor Macaluso gehörte das Auto Augusto Cesari, der
damit Slalomrennen fuhr - er wurde damit 1983 Meister der italienischen
Superslalom-Serie.
Ein weiteres Fahrzeug mit dem Kennzeichen TOL65337 und der
Fahrgestellnummer 23001 befindet sich
ebenfalls in Italien. Der Besitzer fuhr damit
einige Autocross Events bevor er es restaurierte. Das Auto ist immer
noch mit einem 16V Abarth-Motor ausgerüstet und fahrbereit.
Das sechste Auto ist möglicherweise ein Reservefahrzeug und
befindet sich höchstwahrscheinlich in der Hand eines italienischen
Sammlers.
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